In diesem Blog erzählt euch Andrea Gamma, wie sie die Frühgeburt auf der Neo und den Sauerstoffmangel des Kleinen gemeistert haben.
Alles begann mit einer normalen Schwangerschaft.
Die Zeit zu zweit haben wir so richtig genossen. Dann verlor ich am Muttertag-Samstag 2016 plötzlich Fruchtwasser. Als ich mich untersuchen liess, wurde festgestellt, dass ich einen kleinen Blasenriss hatte. Daraufhin wurde ich stationär aufgenommen. Ich erwischte einen Infekt, welchen ich nicht bekämpfen konnte.
Dadurch musste leider mein kleiner Schatz schon anfangs der 26. SSW auf die Welt geholt werden. Dieser Entscheid war für mich, wie auch für meinen Mann ein riesen Schock. Wir wussten nicht, was wir machen sollten, aber uns blieb keine Wahl.
Freude, Trauer, Verzweiflung, Hilflosigkeit
Als ich meinen kleinen Sohn (800g) das erste Mal sah, waren einige Stunden nach der Vollnarkose vergangen. Ich durfte ihn berühren, aber die Emotionen blieben völlig aus. Zwei Tage später hat es mich dafür voll erwischt. Meine Gefühle waren vollkommen durcheinander – Freude, Trauer, Verzweiflung, Hilflosigkeit – alles war gemischt.
Regelmässig habe ich meinen Sohn (als ich noch stationär war, Tag und Nacht) auf der Intensivstation besucht und geweint. Am dritten Tag durfte ich ihn das erste Mal auf meiner Brust (Känguruhmethode) spüren. Das kleine und leichte Wesen sah so zerbrechlich und hilflos aus. Aber es war jedes Mal eine innige Zeit.
Zwei Mal die Woche kam Friederike Haslbeck mit ihrem Monocord bei meinem Sohn und mir vorbei, um zu musizieren. Das hat uns beiden sehr gut getan. Da konnte ich meinen Gefühlen auch freien Lauf lassen. Es war jedes Mal ein sehr schönes Erlebnis, denn Musik ist auch ein Teil meines Lebens.
Die Melodien, welche Friederike Haslbeck zum Teil gesummt und gesungen hat, haben mich lange Zeit begleitet. Mein Sohn hat diese Momente auf meiner Brust sehr genossen, war ganz ruhig und hat gelauscht.
Endlich gehts nach Hause
Mein Baby hat sich in der Zeit auf der Neo des USZ Zürich sehr gut entwickelt. Nur leider wollte die Lunge nicht das machen, was sie sollte. Die Sauerstoff-Aufnahme ins Blut funktionierte nicht wie gewünscht. Nach ca. 13 Wochen auf der Neo, mussten wir uns mit dem Gedanken abfinden, dass wir unseren kleinen Schatz mit Sauerstoff nach Hause nehmen werden. Das war für meinen Mann und mich anfangs unvorstellbar.
„Was, mit Sauerstoff nach Hause? Wie sollen wir das bewältigen?“ Nach einigen Überlegungen und Gesprächen, haben wir uns nach 17 Wochen entschieden, unseren kleinen Mann mit Sauerstoff nach Hause zu nehmen, unter der Bedingung, dass wir einen Monitor zur Überwachung erhalten.
Das war für uns die beste Entscheidung, die wir für treffen konnten. Natürlich waren wir am Anfang mehr als überfordert, 24 Stunden und das 7 Tage die Woche mit Sauerstoff. Aber zum Glück hatten wir während 3 Monaten die Unterstützung der KISPEX, die uns welche und anfangs täglich und nachher 1-3 Mal die Woche besuchte.
Wir fahren nach Davos
Bei einer Kontrolle im KISPI Zürich wurde uns vorgeschlagen, für drei Wochen nach Davos in die Hochgebirgsklinik zu fahren. Das Klima auf rund 1700 m ü. M täte unserem Sohn und mir sicher gut.
Im September 2017 war es so weit – für knapp 4 Wochen ging es in die Berge. Was es gebracht hat, konnten wir gleich sehen, als wir wieder in Zürich waren. Er brauchte seit diesem Zeitpunkt den tagsüber keinen Sauerstoff mehr. Das ist eine enorme Erleichterung im Alltag.
Sobald der Sauerstoff den Tag hindurch nicht mehr benötigt wurde, machte er auch mit der Entwicklung grosse Fortschritte, da er nicht mehr an etwas im Gesicht gebunden war.
Im Juni 2018 hatten wir eine Schlaflaboruntersuchung um zu schauen, ober wir auch in der Nacht den Sauerstoff weglassen können. Den positiven Bescheid bekamen wir Anfang August. Endlich waren wir das Ding auch in der Nacht los.
Noch mehr Höhenluft in der Reha
Im September/Oktober 2018 durften wir wieder 5 Wochen nach Davos in die Reha. Auch in der Höhe war er den Tag hindurch ohne Sauerstoff. In der Nacht benötigte er ihn halt noch. Aber das ging eigentlich ganz gut.
Bei einem Infekt (gross oder klein) brauchte er immer Sauerstoff, bis dieser wieder abgeklungen war. Diese Infekte waren für uns nicht immer ganz einfach zu akzeptieren und es zehrte an unseren Nerven (Mami, Papi und Sohnemann). Aber die Zeiten gingen zum Glück trotz allem relativ problemlos vorbei. Als er laufen konnte, haben wir ihm den Sauerstoff für draussen auf einen Puppenwagen gelegt und so konnte er sich frei bewegen.
Seit der Geburt sind jetzt knapp 8 Jahre vergangen. In dieser Zeit lernte er Radfahren, Skifahren, Klettern – alles was ein normales Kind auch lernt in diesem Alter. Er startete im August 2021 den ganze normalen Kindergarten und im August 2023 die 1. Klasse.
Seine Lunge wurde von Jahr zu Jahr stabiler. Das einzige was er noch machen muss, ist am Morgen und Abend inhalieren (Zeitaufwand total 1 Minute/Tag). Bei ausgedehntem Sport kann er auch inhalieren, damit seine Lunge dann besser arbeiten kann.
Ich hoffe, meinen Zeilen können anderen Eltern, welche in der gleichen Situation sind, weiterhelfen. Ich wünsche euch alles Liebe und Gute und viel Kraft!
Liebe Frau Gamma,
vielen herzlichen Dank für Ihre bewegende Erzählung! Ihre Worte nehmen uns mit auf eine inspirierende Reise durch Höhen und Tiefen, und sie zeigen uns die unermessliche Stärke der elterlichen Liebe auf.
Wie Sie es so einfühlsam im Blog beschrieben haben, war der Moment, als Ihr Sohn, nur 800 Gramm schwer, das Licht der Welt erblickt hat, geprägt von einem Wirbelwind an Emotionen – Freude, Trauer, Verzweiflung und Hilflosigkeit.
Diese Gefühle konnte ich sehr gut nachempfinden.
Sie und Ihr Mann haben eine beeindruckende Entschlossenheit und Akzeptanz bewiesen, die Sie durch diese schwierige Zeit getragen haben.
Die Musiktherapie von Friederike Haslbeck hat sich als wertvoller Begleiter auf Ihrer Reise erwiesen.
Die Melodien sind zu einem Symbol der Hoffnung und Verbundenheit zwischen Mutter und Sohn geworden, während Sie Seite an Seite kämpften.
Die Entscheidung, Ihren kleinen Schatz mit Sauerstoff nach Hause zu nehmen, war ein großer und mutiger Schritt, zugleich natürlich begleitet von Unsicherheit. Es ist sehr beeindruckend für mich, wie Sie zu Hause mit unermüdlichem Einsatz für das Wohlergehen Ihres Kindes auch diese Herausforderung gemeistert haben.
Ihre Geschichte ist ein lebhaftes Zeugnis dafür, dass selbst in sehr dunklen Momenten des Lebens das Licht der Hoffnung und der Liebe immer wieder durchbricht. Ich bin überzeugt, dass Ihre Worte anderen Eltern Mut und Trost spenden werden, die ähnliche Herausforderungen durchleben.
Ihre Geschichte ist eine Quelle der Inspiration und der Ermutigung für uns alle.
Ich werde auch in Wien ihre Geschichte Eltern, die sich in einer ähnlichen Situationen befinden, nahebringen, damit sie durch aus Ihren Erlebnisse Kraft und Mut gewinnen können. Nochmals vielen herzlichen Dank für Ihren Beitrag im Blog!
Ganz liebe Grüße aus Wien!